Der Begriff Selbstregulation oder Homöostase (griechisch ?µ???st?s? - Gleich-Stand) hat in verschiedenen theoretischen und praktischen Zusammenhängen eine unterschiedliche Bedeutung.
In der Systemtheorie und Kybernetik bezeichnet Selbstregulation die Fähigkeit eines Systems, sich durch Rückkopplung selbst innerhalb gewisser Grenzen in einem stabilen Zustand zu halten. Der Begriff Homöostase wurde 1929 von dem Physiologen Walter Cannon eingeführt.
In diesem Sinne wird der Begriff in zahlreichen wissenschaftlichen Disziplinen verwendet, deren Gegenstand Systeme sind, so z.B. in der Physik, Biologie, in den Wirtschaftswissenschaften, der Soziologie oder der Psychologie.
Die Existenz selbstregulierender Funktionen kann den Fortbestand eines Systems sichern, welches sich sonst zum Beispiel durch ungehemmtes Wachstum, Überstrukturierung und nicht mehr beherrschbare (selbsterzeugte) Komplexität überfordern würde.
Francisco Varela und Humberto R. Maturana haben dafür plädiert, den Begriff Homöostase durch den Begriff Homöodynamik zu ersetzen, da die Stasis einen Stillstand und damit den Tod eines (selbstregulierenden) Systems bezeichnen würde. Ihre Bemühungen waren nur teilweise von Erfolg gekrönt, so dass nun beide Begriffe in der Literatur nebeneinander existieren.
Selbstregulation ist ein grundlegendes Funktionsprinzip (Homöostaseprinzip) lebender Organismen. Sie findet z.B. in der Physiologie des menschlichen Körpers fortlaufend statt, meist bei Veränderung statischer Zustände und von uns unbemerkt. Beispiele sind:
* Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz beim Wechsel von liegender in
stehende Position.
* Vermehrte Atmung bei körperlicher Anstrengung, um dem Körper mehr
Sauerstoff zuzuführen.
* Bei Hypoglykämie (Unterzuckerung) setzt der Körper drastische Selbstregulationsmechanismen
in Kraft (z. B. Ausschüttung von Adrenalin, mit der Folge von Zittern
und starkem Schwitzen), um die Glukosekonzentration aufrecht zu erhalten und
einen drohenden hypovolämischen Schock zu verhindern.
In der Psychologie bezeichnet man mit dem Begriff Selbstregulation diejenigen bewussten und unbewussten psychischen Vorgänge, mit denen Menschen ihre Aufmerksamkeit, Emotionen, Impulse und Handlungen steuern. Selbstregulation umfasst u. a. den mentalen Umgang mit Gefühlen und Stimmungen (s. Emotionsregulation) und die Fähigkeiten, Absichten durch zielgerichtetes und realitätsgerechtes Handeln zu verwirklichen (s. Selbstwirksamkeit) sowie kurzfristige Befriedigungswünsche längerfristigen Zielen unterzuordnen (s. Selbstdisziplin, Selbstkontrolle). Gut ausgeprägte Fähigkeiten zur Selbstregulation setzen (im neuropsychologischen Sprachgebrauch) intakte Exekutive Funktionen voraus.
Ein wesentliches Entwicklungsziel im Erziehungs- und Sozialisationsprozess von Kindern ist die Fähigkeit, sich zunehmend selbstständig, also ohne die Unterstützung von Bezugs- bzw. Betreuungspersonen, zu steuern. Einer der frühesten Sozialisationsvorgänge in dieser Hinsicht ist die Sauberkeitserziehung. Je älter Kinder werden, desto mehr wird von ihnen erwartet, in ihrem Verhalten soziale Normen und Rollenanforderungen zu beachten, Aufgaben zu übernehmen und ihr Handeln zielorientiert steuern zu können. Dazu ist die Entwicklung gewisser psychischer Kompetenzen wie z. B. Frustrationstoleranz und Impulskontrolle erforderlich.
Sigmund Freud prägte in diesem Zusammenhang die Begriffe Lustprinzip und Realitätsprinzip. Er bezeichnete Kleinkinder als „Lustsucher“, also vorwiegend von der Befriedigung ihrer aktuellen Wünsche und Bedürfnisse geleitet, während von psychisch gesunden Erwachsenen die Orientierung ihres Handelns an längerfristigen Zielen und an den Bedingungen der materiellen und sozialen Wirklichkeit erwartet wird.
Menschen unterscheiden sich in den Fähigkeiten und im „Stil“ der Selbststeuerung. Bei verschiedenen psychischen Störungen wie Abhängigkeit (Sucht), Zwangsstörungen, der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung oder der Borderline-Persönlichkeitsstörung sind die Selbstregulationskompetenzen eingeschränkt, mit der Folge, dass eine autonome Lebensführung z. T. erheblich beeinträchtigt wird.
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Stichwort: Selbstregulierung