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Überlegungen zur Therapie von Angststörungen
Jede Angst ist von körperlicher Anspannung begleitet und insofern
ein normaler Vorgang.
Bei Ängsten, die das Leben beeinträchtigen, kommt es im Sinne
des Teufelskreises der Angst zu einer extremen Aufschaukelung von psychischer
Angst und körperlicher Anspannung/Erregung. Dies führt dazu, daß
viele Betroffene jene Situationen meiden, bei denen sie befürchten,
daß dort Angst oder gar Panik auftritt bzw. daß eine Flucht
von diesen Situationen schwer möglich ist. Das können enge Räume,
große Höhen, Menschenmengen, Vorträge vor einer Gruppe von
Leuten, bestimmte Tiere, usw. sein. Dieses sogenannte Vermeidungsverhalten
kann im Extremfall bis zum totalen sozialen Rückzug und zur Isolation/Vereinsamung
führen.
Vor allem integrative Verfahren sind bei der Therapie von Angststörungen sehr erfolgversprechend, weil sie sich nicht auf die Arbeit / Intervention auf einer Ebene (nur Verhaltensebene und "Training", nur Kognitionen angehen, nur Gespräch) beschränken müssen, sondern auf allen notwendigen Ebenen Zugänge haben und intervenieren können.
Angst ist der Gegenpol der Lebendigkeit, und Angsttherapie hat, will sie
erfolgreich sein, immer etwas mit dem Wecken und Unterstützen der Lebendigkeit
zu tun.
Wir brauchen also erstens eine Therapie, in der die Lebendigkeit gesucht
und gefördert wird, in der die Lebendigkeit geweckt wird - ein „inkompatibler“
Gegenpol chronischer Angst, Ziel und Vehikel in der Angsttherapie.
Es braucht also einen therapeutischen, welcher es ermöglicht, dem gesamten
Phänomen der Angststörungen (und nicht nur den Symptomen,
Oberflächenphänomenen)
gerecht zu werden.
Was ist unter „gesamten Phänomen der Angststörungen“
zu verstehen?
Warum ist es notwendig, die vorhandenen Therapien zur Angstreduktion zu
erweitern?
Angststörungen dominieren die Gesamtpersönlichkeit des Patienten
in vielfältiger Weise.
Die Konzentration auf Angstverhalten in Diagnose und Therapie
(wie z.B. bei Verhaltensorientierten oder rin kognitiven Ansätzen)
verhindert gleichsam die Wahrnehmung anderer Störungsbereiche, etwa
in der Beziehungsgestaltung.
Wer sich dem Patienten derart mit einer auf Angstabläufe fixierten
diagnostischen Fragestellung nähert, übersieht leicht, welche
Defizite (und auch Ressourcen) im Bereich der psychischen Struktur, im Bereich
der Palette der Gefühle, der
Selbstwahrnehmung, in der Beziehungsfähigkeit und im Übertragungsprozess
allenfalls vorliegen.
In gewisser Weise dient die Angststörung oft als "Deckemotion"
("Oberflächenphänomen")
für andere Problembereiche.
Gelingt es aber nicht, diese Problembereiche zu identifizieren und durch therapeutische Arbeit einer Veränderung zuzuführen, besteht die Gefahr, dass selbst bei erfolgreicher Angstreduktion vom Menschen / Patienten neue Problemfelder gefunden werden müssen, um diese Deckfunktion zu übernehmen...
Bedingt durch die bei Angststörungen typische Struktur der Patient-Therapeut-Beziehung
wird das volle Ausmaß der Störung eher kaschiert.
Die Aspekte erscheinen demnach auch nicht in Therapiestudien, deren primäres
Interesse einzig der Nachweis der Angstreduktion ist. [Wer macht sich
auch in einer Arbeit über „Exposure“ schon daran, die zugegebenermaßen
schwierige Untersuchung der Beziehungsstörung vorzunehmen? (Und wenn
das, wie zuletzt bei Fiedler (1994), doch geschieht, erfolgt das mit unzureichender
Methodik. SASB-Maße für „Autonomie“ in Exposure-Sitzungen
zu erheben ist problematisch. Ein Patient, der die Konfrontation verweigert,
indem er auf seine Angstsymptomatik verweist, liefert damit ein eher fragwürdiges
Maß für „Autonomie“. Soziale Durchsetzung mit Hilfe
des Symptoms ist ja wirklich das Gegenteil dessen, was in einer die Selbst-Autonomie
fördernden Therapie anzustreben wäre...)siehe]
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Therapeutisches Vorgehen
Hier nun also einige Überlegungen zur Frage nach dem WIE einer
integrativ angelegten Therapie.
Zu Beginn der Therapie benötigen AngstpatientInnen Beziehungsaufbau
und Stabilisierung (u.a. durch stützende Gespräche, Begegnung,
Exploration, Interesse und Zuwendung.
Und das Erlebnis / Gefühl, in ihrer Motivation - Angstreduktion - ernstgenommen
zu werden.
Sie müssen wissen, dass sie nicht an einer körperlichen
Erkrankung leiden. Das Zustandekommen der körperlichen Symptome muss
Ihnen erklärt werden.
Die Erfahrungen aus meiner Arbeit (und aus verschiedenen Untersuchungen)
zeigen, dass der Einstieg zur Schaffung
eines tragfähigen Kontaktes, der die Klienten für beziehungsorientierte
Arbeit offen werden lässt, geschaffen werden kann.
Dazu muss die Motivation der Klienten - Angstreduktion - z.Zt. des Therapiebeginns
ernst genommen werden.
Jeder Mensch will primär sein Symptom loswerden.
Das geschieht, indem wir mit der verhaltenstherapeutischen Bearbeitung der
Ängste beginnen, also mit Desensibilisierung und Konfrontation („Exposure“),
sowie mit kognitiver Arbeit an den angstinduzierenden Denkformen und -inhalten.
In der integrativen Therapie werden die für die Angstbehandlung geeigneten
Methoden aus der gesamten Palette der einschlägigen, lernpsychologisch
fundierten Techniken gewählt und durchgeführt. Es kommt dabei
zum Aufbau einer neuen Ebene der Gesprächssituation, wobei Auffälligkeiten
in der Beziehungsgestaltung in den Vordergrund treten.
Vor allem unter dem Eindruck der starke Emotionen auslösenden Angstkonfrontation
wird es den Klienten möglich, auch
über tabuisierte und z.T. erheblich schambesetzte Themen zu sprechen.
Dazu gehören auch die Merkmale der Klient-Therapeut-Beziehung.
Vor allem scheint es eine der Schwierigkeiten der Klienten zu sein, die
Bindung, die sie zum Therapeuten aufnehmen, sich und ihm einzugestehen.
Auch fällt es schwer, die Wünsche und Gefühle, die im Rahmen
dieser Bindung entstehen, anzusprechen und zu diesen ganz persönlichen
Reaktionen zu stehen.
Generell scheint es ja ein Hauptproblem phobischer Klienten zu sein, klischeefreie
Beziehungen einzugehen, in denen lebendiger Kontakt zustandekommt, anstatt
ständig über das Symptom zu sprechen. Das würde ja heißen,
Neues,
Unkontrolliertes in der Begegnung zuzulassen, mit anderen Worten, sie mit
Lebendigkeit zu füllen.
Es ist natürlich leichter, den Therapeuten durch Symptomdruck und Rückfälle
zu binden als die subjektive Wehrlosigkeit zu riskieren, die entsteht, wenn
man den Wunsch äußert: „Ich will bei dir sein“, oder
„Ich will wieder weggehen können, ohne dass Du mich deswegen
verlässt“. Die Prozesse in der Therapiebeziehung sind typisch
für die Beziehungsabläufe außerhalb der Therapie."
Schritte
Nach zwei bis vier Diagnostiksitzungen wird, in Absprache mit dem Klienten,
also entschieden, mit welchen Elementen welche Anliegen angegangen werden
sollen, und in welchem Setting dies sinnvollerweise geschieht (z.B. Einzeltherapie,
Paartherapie, Gruppentherapie, Intensität, etc.).
Die Entscheidung orientiert sich in erster Linie am Veränderungsziel,
welches der Klient selbst einbringt und an der Art der Angststörung.
Liegen soziale Ängste im Vordergrund, wird in der Regel auch bald -
zusätzlich zu einer Einzeltherapie - mit einer Gruppentherapie begonnen.
Therapieziele im einzeltherapeutischen Modul sind:
Letzteres ist besonders für die Fähigkeit notwendig In-vivo-Konfrontation durchzuführen. Nach einigen, vom Therapeuten angeleiteten Sitzungen, sollen diese Übungen auch in Eigenverantwortung durchgeführt werden.
Weiterer Bestandteil des verhaltenstherapeutischen Einzelprogramms ist
die Analyse angstbezogener Gedanken (angstinduzierende, Bewältigungsinkompetenz
verstärkende Kognitionen) und der Aufbau alternativer Denkformen im
Angstgeschehen.
Je nach individueller Motivations- und Problemlage, wird im Anschluss an das verhaltenstherapeutische Modul oder bereits zeitlich überlappend mit dem Gruppentherapiemodul begonnen werden.
Therapieziele im gruppentherapeutischen Modul sind:
Bei allen Formen der Angsterkrankungen sind psychotherapeutische
Verfahren wirksam.
Vor allem integrative Verfahren sind erfolgversprechend.
Bei schweren Störungen werden zusätzlich bestimmte Medikamente,
so genannte Antidepressiva, eingesetzt.
In akuten Fällen mit stärksten Ängste können vorübergehend
stark wirksame, angstlösende Medikamente (Vorsicht mit Benzodiazepinen)
gegeben werden (wegen der Gefahr der Entwicklung einer körperlichen
Abhängigkeit jedoch nur im Notfall beziehungsweise über kurze
Zeit).
Bei spezifischen Phobien können im Rahmen eines integrativen Ansatzes auch verhaltenstherapeutische Reizkonfrontationsverfahren wirksam sein. Medikamente sind oft nicht notwendig.
Bei Panikstörungen und der Agoraphobie können im Rahmen eines integrativen Therapieansatzes ebenfalls verhaltenstherapeutische Verfahren (Exposition) angewendet werden. Hier ist oft auch die Kombination mit Antidepressiva wirksam.
Soziale Phobie: In leichten Fällen reicht ein integrativer
Psychotherapie-Ansatz oft aus.
In schweren Fällen ist manchmal die zusätzliche Gabe von Antidepressiva
über mehrere Monate förderlich.
Viele Unsicherheiten lassen sich durch Rollenspiele oder durch ein Expositionstraining überwinden. Bei einem Expositionstraining übt man mit dem Therapeuten beängstigende Situationen im Alltag. Es kann aber auch sein, dass die soziale Ängstlichkeit tiefere Ursachen hat. Hier ist es dann wichtig, diese Probleme zum Beispiel in einer Gesprächstherapie aufzuarbeiten.
Generalisierte Angststörung: Auch hier ist ein integrativer Psychotherapie-Ansatz notwendig, Medikamente sollten zusätzlich eingesetzt werden, wenn der Erfolg der Psychotherapie allein zu gering ist.
Das Ziele einer Therapie der Angststörung ist in diesem Fall, die
gemiedenen Situationen schrittweise wieder aufzusuchen.
Dieses schrittweise Herangehen an angstauslösende Situationen wird
"systematische Desensibilisierung" genannt.
Die Betroffenen müssen wieder langsam lernen, daß die Situation
selbst nicht gefährlich ist.
Die Bewältigung der Angst wird durch die Entspannung wesentlich erleichtert.
Entspannung und Angst sind miteinander nicht vereinbar. Wenn der Betroffene
lernt, Entspannung herzustellen, sinkt die Angst automatisch ab. Dadurch
wird es möglich, vorher ängstigende Situationen aufzusuchen. Dabei
wird im allgemeinen die Erfahrung gemacht, daß die Angst vor der Situation
übermäßig bzw. unbegründet war. In diesem Sinn kommt
es zu einer Veränderung der Gedanken und Befürchtungen.
Bei der Behandlung von Angst- und Panikstörungen hat sich eine Kombination
von verschiedene Therapien und Verfahren als besonders wirkungsvoll gezeigt.
Hier finden Sie die 6 Hauptkatagorien, die sich noch weiter unterteilen.
Integrative
Therapie
Entspannungsverfahren
Bei der Therapie von Ängsten und Phobien nehmen Entspannungsverfahren
eine wichtige Rolle ein. Die bekanntesten sind Autogenes Training, Progressive
Muskelentspannung, Atementspannung, Meditation, Imagination (Gedankenreisen)
und Yoga. Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe anderer Verfahren,
die eine gute Wirkung zeigen.
Kognitive Therapie
Der Patient soll hierbei erkennen, welche Denkabläufe, wie z.B. die
Bewertung der körperlichen Symptome als Gefahr, zur Aufrechterhaltung
seiner Angst beitragen. Diese Denkmuster sollen dann korrigiert werden.
Dabei ist die Vermittlung von Informationen über die Störung sehr
hilfreich.
Verhaltenstherapie
Im Rahmen der verhaltenstherapeutischen Behandlung geht es vor allen Dingen
darum, den Patienten dazu zu bringen, die angstauslösenden Situationen
und Objekte nicht mehr zu meiden. Um dies zu erreichen werden die beiden
Verfahren ãsystematische Desensibilisierung" und "Reizkonfrontation"
angewandt. Hierbei soll sich der Patient entweder in der Realität oder
auf der Vorstellungsebene der angstauslösenden Situation aussetzen.
Dabei wird entweder schrittweise, d.h. bei der am wenigsten gefürchteten
Situation beginnend, vorgegangen, oderder Patient setzt sich gleich der
intensivsten Angstsituation aus. Ziel dieser Techniken ist, daß der
Patient durch die Konfrontation mit der bisher gemiedenen Angstsituation
merkt, daß die befürchteten Konsequenzen ausbleiben, und so seine
Angst verliert.
Tiefenpsychologische Verfahren
Diese Behandlungsmethode beruft sich auf die psychoanalytische Erklärung
für Angststörungen. Der Konflikt, der nach dieser Erklärung
der Angst zugrunde liegt, wird in der Therapie aufgedeckt und bearbeitet.
An erster Stelle steht dabei die Verbesserung der Fähigkeit zur Angstbewältigung.
Soziotherapie
Bei dieser Behandlungsmethode geht es insbesondere darum, durch Einsatz
von Gruppentherapie und stufenweise beruflicher Eingliederung die soziale
Isolierung, unter derviele Angstpatienten leiden, zu vermindern.
Medikamentöse / Pharmakologische Interventionen
Bei der medikamentösen Behandlung von Angststörungen werden am
häufigsten Antidepressiva und Beruhigungsmittel eingesetzt.
Dabei sollte bei der Dosierung der Beruhigungsmittel darauf geachtet werden,
daß die Dosis nur langsam gesteigert und ebenso stufenweise abgesetzt
wird.
Bei Langzeitbehandlung besteht das Risiko einer Abhängigkeit.
Am erfolgreichsten wurden diese Präparate bei der Therapie von Panikstörungen
eingesetzt.
Wegen ihrer beruhigenden Wirkung werden bei der Behandlung von Angststörungen
auch Antidepressiva verschrieben. Insbesondere Patienten, die unter phobischen
Störungen leiden, werden manchmal mit Betablockern behandelt, die dazu
führen, daß psychische und körperliche Symptome nicht mehr
so eng miteinander verbunden sind.
Es können allerdings Nebenwirkungen, wie Kopfschmerzen, Hautallergien
und depressive Verstimmungen auftreten.
Links:
Konfrontation
und Kontakt: Integration von Gestalt- und Verhaltenstherapie bei Angststörungen
Sport
in der Psychotherapie bei Ängsten ?
In den späten 60er und den 70er-Jahren galt in breiten jüngeren Kreisen Ich-Struktur oder Ich-Aufbauende Ansätze der Psychotherapie als "des Teufels" oder immerhin als "Machwerk und Manipulationsinstrument der Bougoise", welche die Menschen primär unterdrücken und durch Aufbau und Stützung des ICH den Menschen das "freie Kind" abgewöhnen, "angepasste, folgsame, nicht mehr fühlende Soldaten" machen wolle. Und somit natürlich als schlecht... (Was aus der damaligen politischen und kulturellen Situation durchaus nachfollziehbar ist).
In jener Zeit entstanden verschiedene, eben eher "strukturauflösende
Ansätze", wie z.B. die Primärtherapie von Janov, LSD-Therapie nach ???. Auch
in verschiedenen weiteren Ansätzen der Psychotherapie (frühe Gestalttherapie,
diverse körpertherapeutische Ansätze) gab es die Gefahr der Unterschätzung
oder gar Geringschätzung des ICH-Aufbaus und der ICH-Struktur.
Gefragt war damals "die Befreiung des freien, inneren Kindes", und "ICH"
oder gar "ÜBER-ICH" waren ja "Gegner und Unterdrücker des "ES", und hielten
das
freie
Kind in Schacht...
Etwas platt ausgedrückt: Würden wir uns nur endlich an die "Befreiung
des inneren Kindes" machen (was ja auch Kampf gegen ICH und ÜBER-ICH
bedeutete, die dieses Kind ja klein hielten...), würde alles gut
werden. Der Mensch müsste wieder zur "Amöbe" werden,
und wenn der letzte Urschrei draussen ist, bleibt schlussendlich ein lebensfähiges,
entspanntes, glückliches inneres Kinde, ein glücklicher Mensch,
und alles wird gut...
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